Okay, packen wir das mal aus heute. Vor uns liegt ja ein wirklich ungewöhnliches Bündel an Texten. Sehr persönlich, oft juristisch. Manchmal geht es auch ins Philosophische. Wir schauen uns die Auseinandersetzung einer Person mit dem deutschen Sozialsystem an. Es geht um Teilhabe, um Selbstbestimmung, einen jahrelangen Kampf eigentlich. Ja, die Quellenlage ist echt breit gefächert. Also Briefe, Anträge, Klageschriften, aber dann auch so was wie Patentideen und Buchfragmente. Ziemlich wild. Genau. Und unsere Aufgabe ist jetzt, aus diesem sehr dichten und auch emotional aufgeladenen Material die Kernpunkte rauszuholen. Die Konflikte, die Aussagen. Für Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Genau. Das ist quasi die Dokumentation eines Ringens, das weit über diesen Einzelfall hinausgeht, wie wir gleich sehen werden. Absolut. Im Zentrum steht dieser Wunsch nach Teilhabe und selbstbestimmter Lebensführung. So wird es genannt. Also weg von Sozialleistung. Das ist das Ziel. Und da gibt es natürlich massive Kritik am System, ob das nun Hartz IV war oder jetzt im heutigen Neusprech Bürgergeld und nun wieder Grundsicherung heißt. Ja, genau. Ein Vorruf ist systemimmanente Diskriminierung, vor allem im Kontext von Neurodiversität, also Autismus oder Asperger wird da genannt. Es gibt sogar einen Verweis auf eine EU-Parlamentsanfrage. Da heißt es wohl, die Beschäftigungsquote von Autisten liegt unter zehn Prozent. Das ist schon krass wenig. Zehn Prozent, ja. Was hier sofort auffällt, ist dieser krasse Gegensatz, oder? Auf der einen Seite die Rechte, auf die sich die Person beruft, Rundgesetz UN-Behindertenrechtskonvention, also UN-BRK. Wichtige Grundlage, absolut. Und auf der anderen Seite die erlebte Realität. Also Behörden, die nicht handeln. Anträge, die ignoriert werden. Fehlende rechtsmittelfähige Bescheide. Ah, das ist wichtig. Also Bescheide, gegen die man überhaupt erst klagen kann. Genau. Ohne die hängt man ja in der Luft. Ein Beispiel. 2021 gab es einen Antrag auf eine multidisziplinäre Bewertung nach dieser UN-BRK und 5.000 Euro Staatskapital für eine Existenzgründung. Und? Was kam dabei raus? Offenbar nichts Greifbares, zumindest laut den Unterlagen. Puh. Und dieser Kampf, der zieht sich ja durch die Instanzen, Jobcenter, Sozialamt, sogar Sozialgerichte kriegen da ihr Fett weg. Ja, die Kritik ist da ziemlich umfassend. Die Vorwürfe sind echt schwerwiegend. Verfahrensverschleppung, Missachtung von Vorschriften, mangelnder Rechtsschutz. Sogar Probleme mit Prozesskostenhilfe und Krankenversicherungsschutz werden genannt. Das ist schon harter Tobak. Absolut. Und ein Punkt, der immer wieder auftaucht und als besonders verletzend beschrieben wird, die Stigmatisierung als querulant. Ah ja, der Klassiker quasi. Genau. Das wird aber nicht nur als persönlicher Angriff gesehen, sondern fast schon als Strategie interpretiert. Eine Strategie? Wofür? Na ja, um den Zugang zu Justiz zu erschweren. Wenn man erst mal als Nörgler abgestempelt ist, werden die Anliegen vielleicht von vornherein nicht mehr so ernst genommen. Das leuchtet ein. Und das passt ja auch zu der Sache mit dem psychologischen Gutachten, oder? Exakt. Da wird eine schizotype Persönlichkeitsstörung attestiert, aber die Person wehrt sich dagegen. Mit Händen und Füßen. Und fordert stattdessen? Eine Neubewertung. Eine, die eine mögliche Asperger-Diagnose miteinbezieht, aber eben nicht sofort pathologisiert. Das ist ein ganz anderer Blüchtwinkel. Es geht also um die Deutungshoheit. Sehe ich meine Eigenheiten als Störung oder als Teil meiner Identität? Genau darum geht's. Und das hat ja direkte Folgen dafür, welche Unterstützung man für angemessen hält oder eben nicht. Und dann gibt's ja noch diese andere Ebene, die Sprache und die ganzen Projekte. Die Texte sind oft sehr unkonventionell geschrieben, manchmal sarkastisch. Und es wimmelt nur so von Ideen. Ein Buchprojekt namens Betrachtungen aus dem Mülleimer der Nation. Kresser Titel. Ja, Patentanmeldung für einen speziellen Handgriff für Wirkstoff- und Materialabgabe. Konzepte für einen Coffeeshop. Hanf als Baustoff. Sogar Sprachkritik ist dabei. Zum Begriff Technikfolgenprävention, der kaum genutzt wird. Was sollen wir denn davon halten? Ist das nur Spinnerei oder steckt da mehr dahinter? Also, wenn man das im Gesamtkontext sieht, ist es wahrscheinlich mehr als nur eine Liste von Ideen. Es wirkt schon wie eine bewusste Strategie. Inwiefern? Naja, diese Projekte, egal wie konkret die jetzt sind, dienen als Argumente im Kampf um finanzielle Unabhängigkeit. Es ist der Versuch zu zeigen, hey, hier ist Potenzial. Hier gibt es alternative Wege zur Arbeit. Aber die brauchen halt individuelle Förderung. Also Kreativität als Waffe gegen die Behördenmeinung? So könnte man es fast sehen, ja. Und die ungewöhnliche Sprache. Vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass man sich mit normalen Mitteln einfach nicht mehr gehört fühlt. Was heißt das jetzt also für Sie, die uns zuhören? Wir sehen hier wie durch ein Brennglas den Kampf eines Einzelnen gegen Strukturen, die als starr, manchmal als diskriminierend empfunden werden. Es geht um die Kluft zwischen Rechten, die auf dem Papier stehen, UN-Konvention und so, und der gelebten Realität. Und es ist der Versuch, mit eigenen, teils echt unkonventionellen Mitteln einen Ausweg zu finden. Genau. Und der Fall wirft natürlich grundlegende Fragen auf, oder? Wie setzen wir Teilhaberechte in Deutschland um? Gerade für Menschen, die vielleicht nicht ins Raster passen. Stichwort Neurodiversität. Ja, wie geht unser Sozialsystem mit Leuten um, die sich querstellen, sei es aus Not oder Überzeugung? Und wie gut ist der Rechtsschutz für den Einzelnen wirklich, wenn er auf den Widerstand von Institutionen trifft? Das sind echt wichtige Fragen. Und eine letzte Frage geben wir Ihnen vielleicht noch mit auf den Weg. Wenn die normalen Wege der Kommunikation, des Rechts irgendwie blockiert scheinen, welche Ausdrucksform, welcher Protest, ja, vielleicht sogar welche Provokation bleibt einem dann noch, um auf sich aufmerksam zu machen und für die eigenen Rechte zu kämpfen?